Als wir unser Mietauto in Dubrovnik abholen, erklärt uns der nette Herr am Empfang, dass wir an der Grenze mit Stau rechnen müssen. Wir schauen ihn verdutzt an - welche Grenze? Der Bezirk Dubrovnik ist vom Rest Kroatiens getrennt. Dies geht zurück bis 1699, als die Republik Ragusa (heutiges Dubrovnik) ein kurzer Küstenabschnitt den Osmanen schenkte. Dies mit dem reinen Interesse, Schutz gegen den damaligen Erzfeind, die Venezianer zu erhalten. Für einen Angriff gegen die Republik Ragusa müssten die Gegner nun erst die Grossmacht Osmanien bezwingen. Damals ein cleverer Schachzug. Heute ein für die Kroaten mühseliger Grenzprozess, der auch bei der Beitrittsdiskussion zur EU viel Diskussionsstoff birgt. Für uns Touristen ist es ein kurzer Ausflug nach Bosnien und Herzegowina und ja vielleicht eine kleine Fahrtverzögerung. Hauptsächlich aber, weil uns ein Motorrad ohne bremsen hinten ins Auto reinfährt. Zum Glück nichts weiter Schlimmes passiert und wir sind ja versichert.
Unterwegs wird uns bewusst, wie wenig wir eigentlich über die Jugoslawien-Kriege und die Situation vor nur rund 25 Jahren wissen. Viele der Menschen hier, haben die Kriege am eigenen Leib miterlebt. Ein emotionales Gespräch mit einem Kriegsbeteiligten rüttelt uns auf. Wir möchten besser verstehen, was hier los war. Mit Hilfe der neuen Medien bringen wir unser Wissen rund um die bewegte Geschichte Jugoslawiens und damit Kroatiens auf den aktuellsten Stand.
Soweit das geht, versuchen wir die wichtigsten Punkte hier für euch zusammen zu fassen. Drei Religionen, zwei Alphabete und fünf Sprachstämme - der Balkan beinhaltet eine grosse ethnische und kulturelle Vielfalt. Damit aber auch sehr viel Potenzial für Konflikte. Konflikte mit jahrhundertealten Wurzeln. Sich hier einen Überblick verschaffen, scheint zu Beginn unmöglich. Damit wir in der Geschichte nicht zu weit zurück müssen, klammern wir für diesen Artikel die Vorgeschichte zur Rolle Jugoslawiens im 1. und 2. Weltkrieg aus. Wichtig zu wissen ist aber, dass aus dem 2. Weltkrieg das Jugoslawien hervorkam, welches zuletzt angeführt vom sozialistischen Tito und seiner Version von Planwirtschaft zu mehreren Jahren Frieden zwischen den verschiedenen Volksgruppen in Jugoslawien führte. Nach seinem Tod Ende der 1980er Jahre zerbrach der Sozialismus und damit die Ruhe im Land. Nationalistische Strömungen wurden stärker und aus Nachbarn wurden Feinde. Slowenien fordert als erste Republik die Unabhängigkeit. Aufgrund vieler Befürworter in der jugoslawischen Volksarmee, dauerte der Krieg nur 10 Tage und forderte kaum Opfer. Ganz im Gegenteil zu den Kämpfen in Kroatien und Bosnien-Herzegowina. Ein hoher Bevölkerungsanteil war zu der Zeit serbischer Herkunft, (12% in Kroatien, 32% in Bosnien-Herzegowina) Die Serben in Kroatien und Bosnien-Herzegowina drohen mit der Bildung eines autonomen Staates, sollte die geplante Unabhängigkeit umgesetzt werden. Die Propaganda aus Belgrad verschärft die Lage zusätzlich. Als Kroatien (Juni, 1991) und Bosnien-Herzegowina (Oktober 1991) sich endgültig von Jugoslawien lossagen, wird der Konflikt zu einem Krieg. Über 10’000 Menschen sterben. 100’0000 flüchten oder werden vertrieben. Bis Jahresende erobern die Kroaten grosse Teile des Landes zurück und der Krieg verlagert sich immer mehr ins benachbarte Bosnien-Herzegowina. Die dort lebenden Serben wollen - genau wie die in Kroatien - die von ihnen besiedelten Gebiete an Rest-Jugoslawien anschliessen. Doch die bosnischen und kroatischen Soldaten leisten Widerstand und es kommt auf allen Seiten zu „ethnischen Säuberungen“ - die Bewohner der eroberten Gebiete werden ermordet oder vertrieben. Feindliche Soldaten und Zivilisten werden in Lager gebracht. Im weiteren Verlauf kommt es sogar zu Kämpfen zwischen Kroaten und Bosniern, weil Ansprüche auf fremde Gebiete erhoben werden. Im Juni 1992 greift die internationale Gemeinschaft ein und schickt eine Schutztruppe der Vereinten Nationen (UN) nach Kroatien und Bosnien-Herzegowina. Sie soll für Waffenruhe sorgen. Dennoch gehen die Kämpfe weiter.
Erst durch eine Grossoffensive der kroatischen Armee 1995, die sämtliche serbische Gebiete in Kroatien zurück erobert und West-Bosnien einnimmt, erklärt sich die serbische Führung bereit zur Friedensverhandlung. Nach und nach lösen sich die Republiken von Jugoslawien. Zuletzt 2006 Montenegro (friedlich) und 2008 auch der Kosovo. Dies stellt aber das nächste Pulverfass dar. Denn die Unabhängigkeit wurde nicht von allen UN Staaten anerkannt und somit bleibt der völkerrechtliche Status umstritten. Eine Reise nach Kroatien oder in ein anderes Land des ehemaligen Jugoslawien bedeutet auch eine gewisse Konfrontation mit deren Geschichte. Denn diese prägte Land und Leute. Deshalb war es uns wichtig, die Hintergründe hier auf dem Blog etwas zu beleuchten.
Nun reisen wir weiter der wunderschönen Küste Kroatiens entlang und immer mehr steigt die Entdeckerlust. Wir sind beeindruckt, wie sich dieses Land trotz dessen tragischer Vergangenheit zu einem wahren Schatz entwickelt hat. Die Kroaten begegnen uns sehr offen und freundlich, Das Essen ist total lecker und die Gastfreundschaft vorbildlich. Für einen entspannten Roadtrip perfekt. Umso perfekter macht es die berühmte Küstenstrasse Adria-Magistrale, welche international zu den schönsten Strassen der Welt zählt.
Quellen:
www.planet-wissen.de
www.nzz.ch
www.wikipedia.ch
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