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Zugreise ins Tessin

Es ist kurz vor 10.00 Uhr als wir in Zürich am Hauptbahnhof stehen. Ich bin richtig aufgeregt. Wir sind zum ersten Mal mit Kleinkind auf einer Zugreise, mit allem was dazu gehört. Wir nehmen den Treno Gottardo. Die schönste Verbindung zwischen Nord und Süd, so heisst es. Seit Dezember 2020 verkehrt der Treno Gottardo der Schweizerischen Südostbahn AG (SOB) stündlich alternierend von Zürich und Basel bis nach Bellinzona. Seit April 2021 fährt der Treno Gottardo weiter bis nach Locarno. Die Reise über die Gotthard-Panoramastrecke ohne Umsteigen bis ins Tessin, durch die Leventina, nach Bellinzona und Locarno hat einiges zu bieten. In Kooperation mit der Schweizerischen Südostbahn AG (SOB) dürfen wir diese besondere Reise testen. Das Ticket mitsamt Vergünstigungen für Ausflüge im Tessin könnt ihr direkt online kaufen.


Mein persönliches Fazit zur Zugreise ist, es ist total entspannt - besonders mit Kind. Die Kleine konnte spazieren, verschiedene Menschen grüssen. Bei Mama auf dem Schoss sitzen und die Aussicht geniessen. Sobald man die erste Challenge: "So wenig wie möglich und so viel wie wirklich nötig" beim Packen überstanden hat, ist es tatsächlich auch als Familie eine super Alternative zum herkömmlichen Reisen mit dem Auto.


Und am Ende war es sogar eine Erleichterung, ich habe zum ersten Mal auf einer Reise nicht zu viel von allem eingepackt, sondern genau richtig. Wir Eltern haben uns natürlich auch eine Tasse Kaffe im Bistro gegönnt und nutzten die Zeit, um über die Reise zu quatschen und alle zusammen mit der Kleinen zu spielen. Die Reise selbst war rückblickend immer das Ziel. Dies vor allem aufgrund der Zwischenstopps. Das Entdecken der Orte auf unserer Route hat uns enorm gefallen.


Gerne teilen wir in diesem Beitrag nicht nur unsere Einschätzung zur Zugreise als Familie, sondern auch die schönsten Highlights zum Nachreisen und selber erleben.


Göschenen - Wanderort und Pionierdorf


Unser erster Stopp ist in Göschenen. Dieser fiel kurz aus, da wir leider nicht so viel Zeit hatten. Es lohnt sich aber hier zu übernachten, wenn ihr gerne wandert. Zum Beispiel für Wanderungen rund um den Göscheneralpsee. Neben der Wanderrouten ist das Dorf auch bekannt für seinen Pioniergeist, denn hier entstand der Gotthardtunnel. Zur damaligen Zeit der längste Tunnel der Welt. Dazu gibt es auch einen Schweizer Film vom SRF. Im Film Gotthard wird Göschenen zur damaligen Zeit gezeigt. Hier könnt ihr den SRF Spielfilm noch bis am 4. Mai 2021 anschauen.


Faido - Wasserfall

Als wir am Bahnhof Faido ankommen, staunen wir nicht schlecht über die imposanten Bauten vor uns. Das war einmal ein Hotel, erzählt uns ein Bewohner. Die Kunststrasse sorgte für eine gute Erreichbarkeit des Bergdorfes und das bereits im 19. Jahrhundert. So wurde Faido zu einem bevorzugten Ferienort des Mailänder Adels. Gegen Ende der Belle Epoque soll ein Aufenthalt in Faido teurer gewesen sein, als ein Aufenthalt heute in St. Moritz. Diese goldene Zeit des Tourismus ging vorüber, geblieben sind viele imposante Bauten, die einem beim Spaziergang durch das Bergdorf direkt auffallen und heute leider mehrheitlich leer stehen. Das grösste Highlight für uns war der Piumogna-Wasserfall - ein wahres Naturspektakel.


Ein Ausflug für die ganze Familie, denn gleich neben dem Wasserfall hat es einen schönen Spielplatz.



Bellinzona

Angekommen in Bellinzona checken wir erstmal in unser Hotel ein. Direkt gegenüber des Bahnhofs gelegen und mit wirklich leckerem Essen, können wir das Hotel wärmstens empfehlen. Die Preise sind sehr fair, weshalb wir euch empfehlen, eine höhere Zimmerkategorie zu buchen mit Balkon, dann könnt ihr die Aussicht über Bellinzona geniessen.


Am nächsten Morgen geht es für uns auf die Fahrrad-Tour Quintour durch Bellinzona. Die unserer Meinung nach beste Form, um Bellinzona und die drei Burgen zu besuchen. Dank des E-Motors sind auch die höher gelegenen Burgen kein Problem. Unsere Kleine hatte übrigens ebenso grosse Freude an der Tour. Sie sass im Veloanhänger, der ebenfalls vor Ort dazu gemietet werden konnte. Die Tour war super, wir haben alle Burgen besucht, genossen einen Halt an einem hübschen Picknickplatz mit Aussicht und fuhren über den Ponte Vecchio (= alte Brücke) von Bellinzona. Unsere Route seht ihr auf der hier verlinkten Karte blau eingezeichnet. Ein Highlight der Quintour ist das Lunchpaket. Dieses umfasst viele Tessiner Spezialitäten wie den Tessiner Weichkäse, Salami, das typische Tessiner Ciabatta Brot, Schokolade und mehr. Alles aus der Region Tessin und unmittelbarer Umgebung.

Bellinzona ist einer dieser Orte, der uns total positiv überrascht hat. Die Stadt bietet sehr viel Kultur und Geschichte. Die drei Burgen, welche bereits um das Jahr 400 errichtet wurden, prägen das Stadtbild. UNESCO Weltkulturerbe seit dem Jahr 2000 und das zu Recht. Wer auf dem grossen Rasen der Burg mitten im Stadtzentrum steht, hat einen wunderbaren Blick auf die anderen beiden Burgen. Da kann man sich die damalige Zeit plötzlich lebhaft vorstellen oder mit all den anderen Tessinern auf dem Rasen gemütlich die Sonne geniessen.

Weitere Tipps zu Bellinzona findet ihr im Blogartikel zu Bellinzona, damals waren wir mehrere Tage nur in dieser schönen Region.


Locarno

Nächster Halt auf unserer Zugreise ist Locarno. Der Treno Gottardo der SOB ist übrigens die Verbindung, die ohne Umsteigen bis nach Locarno führt. Ihr könnt also auch durchfahren und die vorrangigen Stopps nur aus dem Zugfenster bewundern. In Locarno geht es für uns ins Dorf Orselina, wo wir im Hotel Belvedere übernachten. Ein hübsches Hotel, mit schöner Aussicht und Wellnessangebot.


Vom Hotel aus sind es nur wenige Schritte zum Funicolare. Die Standseilbahn bringt uns zur berühmten Madonna del Sasso, die pompöse Wallfahrtskirche, die auf einem Felsvorsprung steht und einer der bedeutendsten religiösen und historischen Plätze im Kanton Tessin ist. Die Aussicht von der Terrasse aus ist dabei mindestens so glorreich, wie die Kirche selbst. Mit der Seilbahn erreichen wir von da aus innert 10 Minuten den Hausberg von Locarno, Cardada. In einem unserer Lieblingsrestaurants im Tessin, im Colmanicchio geniessen wir einen Apéro mit Tessinerplatte. Der Ausflug nach Cardada ist übrigens ein empfehlenswerter Tagesausflug für die ganze Familie. Dort oben ist es auch etwas kühler, gerade in den heissen Sommermonaten kann das besonders angenehm sein.

Weitere Eindrücke zu Cardada und Tipps rund um Locarno findet ihr im verlinkten Blogartikel.


Intragna - Centovalli

Am besten erreicht ihr den Hauptort Intragna im Centovalli mit dem Panoramazug der Centovallibahn. Den schönsten Blick auf den historischen Dorfkern habt ihr übrigens aus dem Zugfenster, auf der linken Seite, wenn ihr aus der Richtung Locarno kommt. Also nicht verpassen.


Intragna ist bekannt für den grössten Kirchturm des Tessins. 65 Meter hoch ist er und 166 Steinstufen führen zum Glockenturm. Immer nachmittags (ab 14.00 Uhr) kann man im zugehörigen Museum Tickets für den Aufstieg zur Turmglocke kaufen und die Aussicht über das Centovalli in 360° geniessen. Aber Achtung zur vollen und jeweils halben Stunde läutet die Glocke, dann möchtet ihr lieber nicht direkt daneben stehen. ;-)


Im Centovalli gibt es eine Vielzahl an Wanderwegen. Alte Schmugglerpfade, die früher zum Schmuggeln von Waren aus Italien gebraucht wurden. Schöne Steinbrücken über kleine Flüsse. Eine Freundin von uns hat auf einer Wanderung sogar kleine Kakteen entdeckt. Eine Wanderung führt zum Beispiel über einen alten Maultierpfad, sie nennt sich die Via del mercato.


Ascona

Der wohl bekannteste Ort im Tessin. Aber kaum jemand weiss, dass Ascona der tief gelegenste Ort der Schweiz ist. Auf nur 196 Meter über Meer liegt die Altstadt von Ascona direkt am Nordufer des Lago Maggiore. Der Ferienort Ascona ist bekannt für seine Fussgängerpromenade direkt am Seeufer und erhält durch die vielen Restaurants direkt am Wasser diesen sommerlichen Charme, den man vielerorts vergebens sucht. Besonders am Wochenende wimmelt es hier aber von Menschen. Für dieses hübsche Schaukelfoto mussten wir anstehen. ;-)


Wie an vielen touristischen Orten, sind die Menschenmassen meist an einem bestimmten Ort anzutreffen. Hier ist es die Fussgängerpromenade. Wer dieser den Rücken kehrt und sich in den historischen Stadtkern wagt, lässt schnell alle Menschen hinter sich. Wir hatten eine besondere Stadtführerin. Die ehemalige Miss Schweiz Christa Rigozzi führte uns zu ihren Lieblingsplätzen, fernab der touristischen Hot Spots.


Kirche San Pietro e Paolo

Die Säulenbasilika stammt aus dem 16. Jahrhundert. Der Glockenturm ist von weitem ersichtlich, prägt das Stadtbild und gilt als Wahrzeichen.

Aussichtspunkt: Chiesa San Michele Von hier habt ihr den schönsten Blick auf Ascona.

Monte Verità Ein spiritueller Ausflug ins Grüne. Auf dem Berg der Wahrheit gründeten Querdenker zu Beginn des 20. Jahrhunderts eine Kolonie, die Berühmtheiten aus aller Welt anzog. Heute steht auf dem Berg ein Museum, das die Geschichte der alternativen Kolonien zeigt. Er ist ein Ausflugsziel für Wanderer, Familien und Naturliebhaber. Die Aussicht von oben ins Tal und auf den See ist sehr hübsch.


Carlo Rampazzi - Tessiner Stardesigner

In einer der vielen malerischen Seitengassen von Ascona in der Vicolo Ghiriglioni 3 gelangen wir zur "Selvaggio" von Carlo Rampazzi, ein Tessiner Stardesigner und guter Freund von Christa Rigozzi. Nur dank dieser besonderen Freundschaft dürfen wir an einem Sonntag seine Boutique besuchen und einen Blick in den grössten Garten Asconas werfen. Kein anderer Garten inmitten der Altstadt hat diese Grösse. Fast schon Central Park Feeling hier, nur das dieser Park privat ist und versteckt hinter dicken Mauern.


Die Boutique allerdings ist für jeden offen. Hier findet man farbenfrohe, verrückte, inspirierende Kreationen. Ein Künstler mit einem Flair für auffällige Farben und starke Akzente.


Ciao bello Ticino

Nach all diesen Eindrücken, Begegnungen und Erlebnissen endet unsere Zugreise ins Tessin. Mit einem farbigen Teddybären von Carlo Rampazzi persönlich im Gepäck geht es für uns zurück zum Bahnhof Locarno. Die Rückreise nach Zürich verlief genauso entspannt wie die Anreise und unsere Kleine schlief danach noch tagelang abends innert kürzester Zeit ein. Diese Eindrücke bleiben uns allen wohl noch lange in Erinnerung.





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